Zu Weihnachten erfasst uns Menschen eine ganz besondere Stimmung. Egal welchen Glaubens wir sind, es ist die Zeit der tiefsten Dunkelheit, welche schon immer besondere Herausforderungen bedeutete. Im christlichen Glauben wird mit der sehr eindrücklichen Krippendarstellung an die Geburt des Heillands erinnert. Um die Bedeutung dieses besonderen Ereignisses hervorzuheben, dient auch in besonderer Weise die Darstellung der Heiligen Drei Könige, den Weisen aus dem Morgenland, dem magischen Denken. Die „Drei“ sind wohl auch die ältesten „Zahlenheiligen“ im Christentum. Auch ihre mitgebrachten Gaben werden als Zeichen der dreifachen Würde Christis gedeutet. Damals in der Antike standen die Geschenke für das Jesuskind in ihrer Bedeutung für etwas unendlich Wertvolles und Kostbares. Jedes einzelne der Gaben ist als tiefes Symbol zu verstehen!
Das Gold zeigt auf, dass der Neugeborenen ein König ist.
Der Weihrauch steht dafür, dass er der Sohn Gottes ist.
Und die Myrrhe weist schon darauf hin, dass dieses Kind später als Erwachsener am Kreuz sterben wird.
Diese tiefe bildhafte Sprache, die ikonographisch im kollektiven Gedächtnis verankert ist, sagt kurz und knapp, dass wir es als die dreifache Würdigung Christi als König, Gott und Arzt – oder als die Symbole von Tod, Auferstehung und Erlösung verstehen.
Betrachten wir sie hier einmal in ihrer homöopathischen Bedeutung etwas näher, so können wir auch in ihren Arzneimittelbildern eine geistartige Entsprechung ahnen.
Gold – Aurum – die königliche Arznei
Steht für höchste Ansprüche, innere Stärke und Gewissenhaftigkeit mit Führungsqualitäten, aber auf der anderen Seite auch für Ohnmacht, tiefste Verzweiflung und Zerstörung bzw. Autodestruktion.
Die Macht, Autorität und der Verantwortungsdruck sind wesenhaft und im Arzneimittelbild Aurum beschrieben. Aber was liegt dem im Erleben zugrunde? Die Selbstzerstörung und die Chefqualität, wie passen diese Gegensätze zusammen?
Zugrunde liegt meist eine tiefe Verletzung, was natürlich für Gold eher paradox anmutet, ist es doch „nicht angreifbar“. Aber in der innewohnenden natürlichen Autorität und Gelassenheit in Situationen, die andere längst überfordert hätte, ist ein versteckter Schmerz, der einen immer zu weit hinaustreibt und den Druck stetig erhöht. Der Schmerz muss einem nicht einmal selbst widerfahren sein, es kann auch ein Trauma sein, welches von den Eltern übernommen wurde. Denkbar wären z B. ein existenzieller Bankrott, ein Unfall oder Suizid in der Familie als Destruktion oder selbstzerstörende Energie. Diese Menschen setzten sich selbst zu hohe Standards, da sie die nötigen Fähigkeiten in sich wissen, aber wenn die Perfektion im Großen und Ganzen nicht mehr aufrechterhalten werden kann, kippt es ins Gegenteil. Suchtverhalten, das Gefühl von Verlassenheit, Isolation und wüstenartiger Ödnis lässt die Betroffenen dann nach Außen verschlossen und undurchsichtig erscheinen. Sie glauben, nicht mehr in die Welt zu passen. Es besteht ein Ekel vor dem Leben und der Welt, eine Depression mit dem Gefühl, seine Pflicht verletzt und Tadel verdient zu haben. Dieser extreme Perfektionsanspruch und eine gottartige Übergröße führen zur Gefahr, die eigenen Aufgaben und Pflichten nicht mehr vollumfänglich erfüllen zu können. Erklärbar ist daraus auch die Faszination von Religion und Spiritualität mit dem Verlangen zu beten, was Besserung verspricht!
Ziel in der Behandlung sollte sein, dass die zu früh inne liegende Verantwortung der aktuellen Lebensphase angemessen „reduziert“ wird. Veranschaulichend zeigt dies folgender Fall:
Der 7jährige Axel ist blass, schwach und sehr wütend. Er hatte eine Phimose Operation hinter sich und leidet an Asthma. Am liebsten spielt er an der Spitze seiner Holzsoldaten und kommandiert sie, bis die „Schlacht“ gewonnen ist. Ein wenig ist dieses Spiel auch in der Familie zu erkennen, nur da bekommt er zuweilen auch die Zurechtweisungen seiner Eltern zu spüren. Mit diesem Widerspruch kommt er überhaupt nicht zurecht. Er fängt dann laut an zu schimpfen und kämpft dann sogar mit seinem Vater und beschimpft ihn. Er spielt auch da die Rolle als Boss, als „Übervater“. Kurz, er entwickelt sich zum kleinen Familientyrann, alle sollen nach seiner Pfeife tanzen. Trost findet er dann nur im Musikhören, wobei es ungewöhnlich ist, dass er da gerne die Opern-Platten seines Großvaters hören mag. Dabei kann er sich dann wieder beruhigen.
Die Mutter ist sehr strapaziert. Sie sagt, sie könne sich gar nicht vorstellen, wie es so weit kommen konnte, war er doch als Baby ihr strahlender „Goldjunge“!
Die Aufmüpfigkeit fing vor zweieinhalb Jahren an, als der Vater mit seiner Firma in Insolvenz ging.
Nach der Arznei Aurum C 200 verschwand das Asthma schnell. Aber viel erstaunlicher war, dass wieder „Licht“ in den kleinen „König“ kam, der vielleicht unbewusst die Chefqualitäten seines Vaters übernommen hatte.
Weihrauch – Olibanum sacrum
Das Gummiharz aus dem Baum Boswelia sacra (im Namen steckt schon „sacra“ – das Heilige) wird ca. 10 Tage nach dem Einritzen der Rinde als hellhonigfarbene, tränenartige Tropfen aufgefangen. Im Nahen Osten über weite Strecken auf Kamelen transportiert, wurde es schon in der Antike als Kostbarkeit gehandelt. Kristallisiert wird das Harz „verbrannt“ bzw. geräuchert. Er gilt als Gottesduft, man schreibt ihm geheime Kräfte und eine Unheil abwehrende Wirkung zu, sowie die Fähigkeit eine Verbindung mit dem Göttlichen herzustellen. Die Ausbreitung und das Aufsteigen des Duftes symbolisierten ferner die Entfaltung der Gottheit. Diese göttliche Kraft wurde somit dem Menschen teilhaftig. Die Symbolik ist Vergeistigung, Emporstreben und allerfüllend.
Auch im Arzneimittelbild von Olibanum sacrum kommen diese spirituellen Themen deutlich zum Ausdruck! Da ist der Wunsch nach Spiritueller Erfahrung, jedoch mit gleichzeitiger Ablehnung von Religion. Oder Phänomene wie Hellsichtigkeit, die Sehnsucht mit Gott und den Menschen in Frieden zu leben und Klarheit in sich zu erlangen. Schwierigkeit oder Unvermögen in Beziehung zu treten mit dem Wunsch nach Austausch und Verbindung einzugehen. Auf der anderen Seite ein Gefühl von Distanziertheit, Gefühl der Verlorenheit mit geistiger Verwirrung. Gefühllosigkeit oder Taubheit oder Trockenheit. Vergleichbar etlicher Themen von drogenartigen Substanzen. Somit kann Olibanum sacrum auch, wenn angezeigt, die tiefsten Sehn-SÜCHTE des Menschen heilen.
Myrrhe – Commiphora myrrha oder Myrrha sacra
Dies ist auch (wie Olibanum) ein Baum aus der Familie der Balsambaumgewächse deren Themen Heiligkeit, Reinheit, Schuldgefühle und Sensibilität für Atmosphäre sind.
Das bittere gelbe Gummiharz der Myrrhe (deren Gewinnung ähnlich wie die des Weihrauchs erfolgt) wurde im Altertum zur Reinigung, Säuberung und bei Begräbnissen zur Einbalsamierung verwendet. Es verheißt den Weg hinaus aus der Dunkelheit und dem Leid. Einem Leid, vergleichbar dem, welches über viele Menschen auf der Flucht hereinbricht, die aus ihrer zerstörten Heimat in ein „neues Leben“ kamen, in dem sie allein gelassen und völlig orientierungslos zurechtkommen sollen.
So kann die Dunkelheit der Jahreszeit auch der Finsternis entsprechen, die viele Menschen spüren, die mit überbordenden Sorgen, Herausforderungen und Problemen konfrontiert sind!
Gold lässt unser inneres Seelen-Licht im Herzen erstrahlen, Weihrauch kann direkter eine Verbindung im Leben miteinander zulassen und Myrrhe zeigt, dass altes Leid und Bitterkeit überwunden in ein neues Leben führen kann.
So können wir uns vorstellen, wie segensreich jede einzeln und individuell ausgesuchte, homöopathische Arznei zur passenden Zeit den eigenen inneren Selen-Frieden entfalten kann.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen etwas Heilsames dieser drei Gaben aus dem Morgenland.