Am Beispiel der Korallennatter
Im vorderen Orient stand die Schlange als Symbol für Weisheit und Erkenntnis, ihr sprach man zu, die tiefen Geheimnisse des Lebens zu verstehen. Auch nach der biblischen Geschichte mit der Vertreibung aus dem Paradies, hat diese Vorstellung überlebt. So ist die Äskulapnatter am Stab von Asclepios, dem griechischen Gott der Heilkunst, immer noch das Symbol für den Stand der Ärzte. Bei den Germanen hatte die Midgardschlange, welche die Welt umspannt, eine wichtige Bedeutung.
Auch in Märchen und Mythen begegnen uns immer wieder verschiedenste Facetten geheimnisvoller Schlangen-Energien.
Beginnen möchte ich gleich mit einem gekürzten Fallbeispiel:
Eine junge Mutter von zwei kleinen Kindern kam wegen Schilddrüsenproblemen (Hashimoto) und starken Blutungen.
Sie berichtete: „Eigentlich wollte ich nie Kinder haben, aber ich bin jedes Mal sehr schnell schwanger geworden. In meiner Jugend wurde mir gesagt, ich könne keine Kinder bekommen, da ich nur einen Eileiter hätte und darum haben mein Freund und ich uns sofort für die Kinder entschieden. Aber von Natur aus bin ich kein ‚Muttertier‘! Es liegt vielleicht daran, dass ich beruflich noch viel mehr vorhabe. Die starken Menstruationsblutungen belasten mich auch sehr, da verfluche ich das Frausein schon mal! Nach der ersten Geburt entwickelte sich dann diese Autoimmunkrankheit, so dass die Ärzte glauben, dass ich deshalb die Schilddrüsenmedikamente mein Leben lang brauche. Das ist für mich ein Graus, ich fühle mich wie unter einer fremden Macht.
Wenn ich es genau betrachte, ist das aber schon immer ein wenig so gewesen. Als Kind fühlte ich mich so latent ‚wie beobachtet‘. Dann habe ich mich in eine selbstgebaute Höhle verzogen, oder bin mit einer Spieldecke im hintersten Eck des Gartens spielen gegangen. Es gab im Elternhaus immer sehr viel Leistungsdruck, vielleicht sollte ich die Kanzlei meines Vaters übernehmen, aber ich habe mich für Webdesign entschieden, ich bin immer schon sehr kreativ gewesen. Die Arbeitssituation ist schon sehr stressig, wobei ich sicher auch unglaublich ehrgeizig bin. Mit meinem Mann habe ich eine Abmachung, dass wir uns alle zwei Wochen abwechselnd um die Kinder kümmern, so dass es abgegrenzte intensive Arbeitszeiten gibt. Es fühlt sich in mir wie ein Rückzug an, den ich in meiner Kindheit auch immer brauchte. So halte ich den Konkurrenzkampf der Arbeit besser aus, in den ‚Kinderwochen‘ arbeite ich jedoch auch immer nebenher an neuen Entwürfen. Am schönsten ist es, wenn ich mit den Kindern irgendwo in der Natur ein Lager habe, sie spielen und ich mich dadurch auch wieder wie früher spüre!
Wenn ich zu viel Stress habe, bekomme ich schnell Magenprobleme, die sind dann auch heftig. Wenn ich nicht aufpasse, kann es schon mal vorkommen, dass ich dann sogar aus dem Darm blute, und dann weiß ich, dass ich ganz schnell was ändern muss. Es ist für mich so beängstigend, dieses viele fast schwarze Blut, da habe ich schon fast den Tod vor Augen. Darum bin ich gekommen, weil ich fühle, dass in mir etwas ‚wie vergiftet‘ ist und wenn ich nicht aufpasse… daran kann ich gar nicht denken. Irgendwie denke ich in Krisen schnell an den Tod. Auch schon als Kind in meinen Träumen. Ich hatte schon immer so furchtbare Angst vor dem Fallen. Als das mit meiner Schilddrüse losging, hatte ich auch so Panikattacken, wegen dem Druck, als würde mich jemand erwürgen. Wenn ich Verspannungen im Genick hatte, war es manchmal so schlimm, dass ich fast durchgedreht bin! Das ist ja jetzt mit den Medikamenten soweit ok. Aber mit dem Genick bin ich immer noch so empfindlich, da bekomme ich auch schnell Kopfschmerzen, mit dem Gefühl, dass sich das Blut im Kopf staut.“
Sie sprach sehr schnell, sprang fast ohne Punkt und Komma durch ihre Beschwerden. Auch die Ausdrucksweise war besonders. Indem sie mich ständig mit ihrem Blick fixierte, streifte sie sehr konzentriert, aber dennoch fast emotionslos, die Eckpunkte in ihrer Biografie. Auf Nachfrage erfuhr ich noch, dass sie eine Totgeburt hatte. Die Ärzte meinten, dass so etwas immer mal vorkommen würde und darum hätte sie dem Kind nicht nachgeweint.
Die allgemeinen Merkmale der Schlangenarzneien in der Homöopathie:
Sie sind sehr empfindlich gegenüber ihrer Umwelt und nehmen Veränderungen mit allen Sinnen wahr. Die aufgenommenen Sinneseindrücke können jedoch nicht einfach emotional verarbeitet werden und so kommt es zu desorganisierten Gefühlsausbrüchen. Als gäbe es eine zweite Seite in ihnen. Diese gefühlte Spaltung ist allen Schlangen gemein. Solch widerstreitende Empfindungen, wie mit zweierlei Willen oder dem Gefühl gespalten zu sein und dabei einseitige Beschwerden sind bezeichnend.
Sie sind durchaus selbst bezogen und extravagant. Das zeigt sich in Gesellschaft durch ihre starke, fast besitzergreifende Präsenz. Ehrgeiz, Konkurrenzkampf, schnelles Sprechen sind auffallend. Sie sind in ihrem Verhalten beeindruckend und anziehend, also immer etwas sehr Besonderes! Sie fühlen sich andererseits jedoch auch schnell verlassen oder ungeliebt.
Fühlen sie sich angegriffen, agieren sie auch mal plötzlich und heftig (bis gewalttätig), andererseits erscheinen sie auch mal verführerisch und theatralisch.
Das Gemütsbild entspricht jeweils der einzelnen Schlangenart in ihrer natürlichen Lebenssituation und ihrer Überlebensstrategie und so variiert auch der Organbezug je nach Schlangenart. Gemeinsam sind jedoch Organschwerpunkte an Hals, Herz, Kreislauf, Blutsystem (Blutung oder Sepsis) bis hin zum zentralen Nervensystem (Lähmung).
Jede Art der Enge kann nicht ausgehalten werden. Das ist typisch für Schlangenarzneien! Es ist ein Anschwellen, platzen oder stauendes Erleben. Allgemein wird eine Erleichterung nach Ausscheidungen wie z. B. Schwitzen oder Menstruation empfunden.
Die Korallenschlange (Elaps corallinus) ist bekannt durch ihre rot-schwarz-weiße Bänderzeichnung.
In der Natur ist dies ein deutliches Warnsignal: „Achtung, ich bin giftig!“
Diese Zeichnung wirkt sogar als „Mimikri“ schützend bei der gänzlich ungiftige Scharlachnatter! Wegen ihres warnenden Aussehens braucht sich die besonders giftige Korallenschlange nicht so gegen Angreifer wehren! Sie ist sehr schüchtern, versteckt sich gern und lebt in Erdhöhlen. Die Zähne sind sehr klein, das Gift jedoch wirkt stark toxisch und wenn die Giftwirkung nicht ausreicht, wird noch einmal (kauend) nachgebissen, sodass die Giftmenge dadurch erhöht werden kann. Auffallend ist, der unauffällige Übergang von Kopf und Körper, sozusagen ein fast Nichtvorhandensein des Halses.
Die besonderen Merkmale der homöopathischen Arznei Elaps corallinus:
Über die typischen Schlangenmerkmale hinaus, sind es feinfühlige, sehr ästhetische Menschen. Sie suchen die Harmonie im weitesten Sinne wie ein „Heimweh“ nach dem verlorenen Paradies. Sie sind eher konfliktscheu und von schüchternem Wesen. Sie spüren ein Verlangen nach Rückzug und dies meist in die Natur. Eine Rubrik im Repertorium: „Verlangen im Gras zu spielen“, in der nur Elaps steht, macht dies deutlich.
Sie empfinden Höhenangst mit Furcht zu Fallen, sowie Furcht vor Unheil wie einem plötzlichen Schlag mit Todesfolge.
Absonderungen schwarzen Blutes. Völlegefühl im Kopf, viele Hals Symptome, Magenprobleme, besonders Kaltes wird nicht vertragen.
Es würde hier den Rahmen sprengen weitere Symptome zu nennen.
Die Arznei half ihr sofort nach Einnahme, so dass die Blutungen verschwanden und sich die Menstruation normalisierte. Sie fühlte sich insgesamt entspannter. Besonders erstaunlich war jedoch, dass sich nach ca. zweieinhalb Jahren die Schilddrüsenwerte soweit normalisierten, dass die bisher nötigen Medikamente abgesetzt werden konnten.