Eine Komponente der Krankheit
Über 12 Jahre genauer Aufzeichnungen aller Krankengeschichten, ließen Samuel Hahnemann nicht aufgeben, weiter zu forschen wie es zu erklären sei, dass gut gewählte homöopathische Arzneien in einem chronischen Fall helfen, jedoch nicht an die Wurzel des Übels heranreichen. Er postulierte, dass die Ursache für wiederkehrende Beschwerden in einer von Generation zu Generation vererbten Erkrankungstendenz liegt. Er prägte dafür den Begriff Miasma, aus dem griechischen für „Verunreinigung“. Heute kann man es eher wie eine Art Schicksalsfluss oder Färbung einer Krankheitsdisposition verstehen.
Hahnemann sprach damals schon von drei Miasmen. Der Psora (gezeichnet von Hautausschlag dem ältesten ererbten Grundübel), der Sycose (der Warzenbildung, die von der unterdrückten Gonorrhoe herrührt) und von der Syphillinie (Geschwürsbildung ererbter Syphillis).
Diese Krankheitsdispositionen heilen weder von selbst aus, noch sind sie durch gesunde Lebensführung aufzuhalten. Schon lange gibt es nicht mehr nur die Einteilung in diese drei Gruppen. Inzwischen sind die weltweit von Homöopathen gemachten Erfahrungen sehr viel differenzierter und dadurch ist ein sehr viel komplexeres Verständnis dieser “Krankheitsdynamik“ möglich. So wird die miasmatische Komponente, als eine ganz spezielle dynamische Art und Weise “wie“ die Krankheit erlebt wird, erforscht.
Es sind sozusagen verschiedene Reaktionsweisen oder Strategien mit Krisensituation, Krankheit oder Konflikten umzugehen. Hier eine kurze Beschreibung diverser Typen:
Der panische Typ erlebt die Krise als plötzlich,akut und, lebensbedrohlich. Als Bild können wir uns hier die Begegnung mit einem “Säbelzahntiger“ vorstellen. Flüchten und weglaufen ist die einzige Möglichkeit, denn das Leben steht auf dem Spiel.
Es gibt den Krisentypus, der eine unerwartete Krise durch intensive Mobilisierung seiner Kräfte wieder gutmachen kann. Ein Haus steht in Flammen, das Löschen ist unmittelbar angesagt!
Ein lösungsorientierter Typ weiß, es ist anstrengend, aber nie hoffnungslos. Wie eine Prüfung, die, wenn man sich bemüht und sehr anstrengt, auch zu bewältigen ist.
Ein zweifelnder Typ erlebt die Situation schwierig! Es ist ein Wechsel zwischen Versuchen und Aufgeben, zwischen Motivation und Resignation.
Der gequälte Typ steckt in einer misslichen Lage fest. Es ist wie das Feststecken in einer äußerst unangenehmen Situation, aus der man sich wegen Schwäche nicht entziehen kann.
Der fixierte Typ erlebt die Situation als schwierig, nicht bedrohlich aber auch nicht zu ändern. Das Gefühl ist, ich muss es hinnehmen und verbergen.
Dem chaotischen Typ entgleitet die Möglichkeit der Kontrolle. Er muss alles daran setzten, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Aufgabe übersteigt seine Möglichkeiten und doch fühlt er sich dafür verantwortlich.
Der klaustrophobe Typ fühlt nicht genug Raum und nicht genug Zeit. Er erlebt sich wie eingeschlossen, die Zeit ist kurz und deswegen muss man sich befreien, bevor es zu spät ist.
Beim isolierten Typ wächst die Hoffnungslosigkeit, er empfindet Abscheu gegenüber sich selbst und geht auf Distanz zur Gesellschaft, empfindet es so als eine Art Strafe Gottes.
Der aussichtslose Typ erlebt alles gänzlich hoffnungslos als ob nur noch drastische, radikale Maßnahmen helfen. Die innere Verzweiflung führt dann oft zu Destruktion und Zerstörung. Egal ob das Problem klein oder groß ist, alles ist jenseits einer tolerablen Grenze.
Um ein Gespür für diese theoretische Einteilung zu bekommen stellen wir uns folgende Szene vor:
Auf einer sehr einsamen Küstenstraße geht einem allein reisenden Autofahrer das Benzin aus und es ist weit und breit niemand zu sehen.
Der panische Typ, ist plötzlich so schockiert, er fühlt sich hilflos und allein. Er schreit und tobt, bekommt Herzrasen und Atemnot, weil er glaubt, nun hat sein letztes Stündchen geschlagen!
Der Krisentyp packt sofort den Benzinkanister, läuft auf der Stelle los, egal in welche Richtung nur damit er noch vor der Dunkelheit irgendwo ankommt. Entweder um Benzin zu bekommen oder um ein Dach über dem Kopf zu finden, um seine Geborgenheit wieder zu erlangen.
Der lösungsorientierte Typ, setzt sich an den Straßenrand und kalkuliert, wie weit es wäre zurück zu laufen, wie es wäre weiter zu laufen und ob evtl. ein anderes Auto vorbei kommen würde. Dann nimmt er diese Herausforderung an und entschließt sich wieder zurück zu laufen, da er den Ausgangsort sicher mit Mühe und Kraftanstrengung vor Sonnenuntergang erreichen würde, falls doch kein Auto vorbeikommen würde.
Für den zweifelnden Typ ist diese “Panne“ schon in dem Moment, in dem das Auto stehen bleibt, so eine Anstrengung, dass er sich eine ganze Weile gar nicht entscheiden kann, irgendetwas zu unternehmen. Soll ich den Benzinkanister jetzt mitnehmen, oder ist er zu schwer und ich werde ihn, falls ich es schaffe ihn zu füllen, gar nicht mehr zurück tragen können… er läuft ohne Benzinkanister los, kehrt aber wieder um in der Gewissheit es nützt eh nichts!
Für den gequälten Typ ist die Panne ein untrügliches Zeichen, dass da jemand auf die hinterhältigste Art und Weise sein Auto manipuliert hat, um ihm “mal wieder“ einen Stein in den Weg zu legen. Es erscheint ihm wie ein bitteres Erleben ständig wiederkehrender Situationen, in denen er sich handlungsunfähig ausgeliefert fühlt. Er flucht und fühlt sich erneut als Opfer.
Wohingegen der fixierte Typ sich, wenn er nicht sowieso schon mit einem extra gefüllten Benzinkanister vorgesorgt hat, neben das Auto stellt und wartet. Dies geschieht in dem Glauben, es nützt ja eh nichts etwas zu unternehmen und, wenn ein Auto vorbei kommt, würde er behaupten, es wäre der falsche Sprit im Kanister… um damit seine missliche Lage zu leugnen.
Der chaotische Typ fühlt sich mit dieser Panne erneut, wie ständig, überfordert, er ist es gewohnt mit aller Kraft ständig am Limit alles weiter zu tun. Auch wenn er es sich nicht zutraut, klettert er die Klippe hinauf, um evtl. in einen Ort zu gelangen, wo er etwas Benzin bekommen könnte. Er stellt dann jedoch fest, dass überhaupt kein Kanister vorhanden ist. Also versucht er das Auto selber die Straße entlang zu schieben, nur um weiter zu kommen.
Der klaustrophobe Typ springt, nach Luft schnappend, aus dem Auto, als würde er sich aus einem eingeklemmten Aufzug befreien. Er rennt zum Klippenabhang und lässt sich in den Wind fallen. Er gibt dem Drang nach jetzt unbedingt mit einem Sprung von der Klippe in das tief unten liegende Wasser und damit in ein neues aufregenderes Leben springen zu müssen. Denn das Leben ist zu kurz, als dass man es mit dem profanen Auffüllen eines Benzinkanisters vergeuden sollte.
Der isolierte Typ erlebt die Panne als endgültige Strafe. Es entspricht seinem inneren Gefühl der Isolation, wie er nun am Ende der Welt allein ist. Gerade so, als hätte er sich über und über mit Öl verschmiert und es hafte Dreck an ihm, der nie mehr zu entfernen sei. So würde niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben wollen. Mit diesem Ekelgefühl verkriecht er sich in einer Nische in der Klippenwand und meint nun endgültig ein Aussätziger zu sein.
Der hoffnungslose Typ malt sich, während er feststellt, dass kein Benzinkanister im Kofferraum ist, mehr und mehr Möglichkeiten aus, das unbrauchbare Auto verschwinden zu lassen. Die Gedanken, es die Klippe hinunter rollen zu lassen, sind zwar reizvoll, jedoch nicht radikal genug. Ein Auto, welches einfach leise so stehen bleibt, sollte mit einer riesigen Explosion vernichtet werden, wofür das Restbenzin im Tank ja wohl noch reichen würde….
Diese etwas „plakativ“ beschriebenen Reaktionsmuster, sollen lediglich die verschiedenen Dynamiken anschaulich machen, wie wir sie alle, mehr oder weniger, von uns selber kennen. Oft sind es ja auch adäquate, angemessene Reaktionen in bestimmen Situationen! Wenn aber in einem Krankheitsgeschehen eine dieser Reaktionsweisen “wie von selbst“ unbeeinflussbar ablaufen oder erlebt werden, dann ist es ein tiefer, dynamischer Ausdruck der “verstimmten“ Lebenskraft! Und genau diese miasmatische Dynamik ist in der Homöopathie zur Arzneimittelfindung unerlässlich.