Nicht nur für Baby’s Startschwierigkeiten
„In der Zeit zwischen Empfängnis bis zur Entbindung neun Monate später ist der Mensch empfänglicher für seine Umwelt, als er es in seinem Leben je wieder sein wird.“ (Ashley Montagu)
Sobald das Neugeborene auf der Welt ist, werden die Mütter mit den Bedürfnissen des Säuglings sehr „direkt“ konfrontiert. Die symbiotische Bindung geht nicht mehr über die Nabelschnur, sondern sie ist nun in der liebevollen Zuwendung, der Nähe im Stillen und dem bedingungslosen „Dasein“ vorhanden. Diese starke Bindung ist für die gesamte Entwicklung von uns Menschen körperlich, psychisch aber auch im sozialen Sinne von zentraler Bedeutung.
Manchmal haben die kleinen Erdenbürger, trotz intensiver Hingabe und instinktiver Sorge ihrer Mütter „Startschwierigkeiten“. Diese können sich durch eher harmlose Anpassungsschwierigkeiten wie z. B. Schreckhaftigkeit oder Verdauungsbeschwerden äußern, aber manchmal fangen schon in diesem ersten Lebensabschnitt eine Reihe von tieferen Beschwerden an.
Um diesen zarten kleinen Geschöpfen sanft und dauerhaft zu helfen, ist die Homöopathie ein Segen. Es gibt eine Reihe von homöopathischen Arzneien, bei denen der ein oder andere Bezug zum mütterlichen Aspekt besteht. Hier Beispiele für die homöopathische Herangehensweise:
„Das Leben hat für mich keine Mutter vorgesehen“
Der kleine Junge sieht nach der Geburt sehr zart und fast runzelig aus. Das Geburtsgewicht ist im unteren Normbereich aber das allgemeine Aussehen ist fast wie ausgedörrt.
Die Mutter berichtet wie er auf die Welt gekommen ist, nachdem sie eine sehr schwierige Zeit in der Schwangerschaft durchgemacht habe. Und dann gingen gleich die Probleme los, mit starker Verstopfung und Hautproblemen. Die Haut ist so trocken und sie habe Sorge, dass es immer schlimmer werden könnte, da sie selbst auch immer wieder Episoden mit Neurodermitis hatte.
Auf meine Frage, was in der Schwangerschaft belastend war antwortet sie zögerlich. „Ich habe mir immer ein Kind gewünscht, aber als ich schwanger wurde ist so viel Traurigkeit da gewesen. Erst war es nur ein Gefühl von Melancholie, aber dann wurde ich oft sehr wütend auf meine eigene Mutter. Ich habe plötzlich gespürt, dass ich Mutter werde, das Leben für mich selber aber früher keine Mutter vorgesehen hatte. Ich bin bei den Großeltern aufgewachsen und habe den Verlust meiner eigenen Mutter erst jetzt wahrgenommen. Die Bindung zu meiner eigenen Mutter scheint fast nicht zu bestehen und wenn, dann ist es mit schmerzhaften Gefühlen belastet. Am Anfang der Schwangerschaft musste ich mich oft erbrechen und dann konnte ich mich vor lauter Verstopfung nicht mehr rühren.
Hier ist sehr deutlich zu erkennen, dass dieser kleine Junge „mehr mit auf die Welt bringt“! Im Repertorium gibt es eine Rubrik die lautet: Gesicht, Aussehen greisenhaft bei Neugeborenen: Nat.-m., Op. Diese zwei Arzneien sind Natrium muriaticum und Opium.
Beide haben viel mit Verstopfung zu tun, beide sind hervorragende Arzneien bei seelischen Problemen. Aber die Art und Weise, wie es die Mutter beschreibt, weist deutlich auf das Nat.-mur. hin.
Das potenzierte Kochsalz, es besteht aus dem Natrium und dem Chlor. Diese beiden Elemente binden sich zum Salz, da sie zusammen mehr „Stabilität“ besitzen. Jetzt haben aber diese beiden Elemente jedes für sich eine ganz „eigene“ Energie und diesen „Widerstreit“ kann man im Wesen der Arznei erkennen. Die ganz tiefe Essenz könnte kurz formuliert lauten: „Verraten und enttäuscht (Chlor) von der Person, mit der man eine Beziehung hat oder wünscht (Natrium).“ Es ist das Kummermittel an welches wir bei der biblischen Geschichte von Lots Frau denken, die sich trotz Verbotes umschaut und zur Salzsäule erstarrt. Da haben wir das Bild der Erstarrung, die sich auch in der Verstopfung widerspiegelt. Diese „Spiegelung“ kann mit der Arznei homöopathisch zur tiefen Heilung führen.
In diesem Fall bekam die Mutter die Globuli, und der Junge bekam über die Muttermilch die Arzneikraft. Das Bürschchen hat sich entfaltet und sowohl die Verdauungsprobleme, als auch die Hauttrockenheit verschwanden. Die Mutter ist sehr viel fröhlicher geworden.
„Ein Mama-Kind so wechselhaft wie ein Apriltag“
Das kleine Mädchen 4 Monate alt, wurde mir wegen Blasenentzündung nach Verkühlung vorgestellt. Sie hat immer wieder Episoden mit Schnupfen mit grünlich gefärbtem Ausfluss. Die Augen sind morgens immer verklebt. Die Mutter berichtet: „Sie weint schnell und ist nur von mir zu beruhigen, dann kuschelt sie sich förmlich ‚in mich hinein‘.“ Sie scheint schon jetzt ein aus gesprochenes Mama-Kind zu sein, denn alle anderen Personen schaffen es nicht sie zu trösten! Ihre Stimmungen sind schwankend, von herzerwärmend fröhlich, lachend, bis hin zu heftig schreiend, schluchzend. Sie ist so wie ein Apriltag: unvorhersehbar und wechselhaft!
In diesem Fall fällt auf, dass der Trost der Mutter die Bedingung zur Besserung ist.
Wir sehen in diesem Fall eine ganz andere Dynamik. Die gesamte Symptomatik im Besonderen mit dem starken Bedürfnis nach Trost von der Mama entspricht der Arznei Pulsatilla, der Küchenschelle, welche ihre Blütenköpfchen „nach dem Wind“ dreht, mal hierhin und mal dorthin… dieses kleine Mädchen reagierte sehr schnell auf die Arznei, die sie in diesem Fall selber als Globuli bekam. In ihrer weiteren Entwicklung war sie auch sehr viel unabhängiger in ihrem Bedürfnis nach dem Trost durch ihre Mutter.
„Die sogenannten Neuen Muttermittel“
Es gibt es inzwischen auch eine größere Anzahl von Medikamenten welche aus mütterlichen Ursubstanzen hergestellt wurden. Dazu gehören die aus Milch zubereiteten ‚Lac-Arzneien‘, potenzierte Muttermilch, oder alle möglichen (anderen) Tiermilcharzneien. Der Arzneimittelschatz ist auf ein vielfaches bereichert worden durch Medikamente, welche aus dem weiblichen Follikel, der Plazenta, der Nabelschnur oder dem Fruchtwasser hergestellt wurden. Diese sind in der heutigen homöopathischen Praxis ein nicht mehr wegzudenkender Arzneimittelschatz. Denn alle diese Arzneien stellen, jedes für sich, inzwischen ein deutlich erkennbares Arzneimittelbild dar. Der Behandlungsansatz reicht von Problemen bei der Inkarnation, der Unfähigkeit sich mit anderen zu verbinden, autistischen Störungen bis hin zu den stärksten Trennungsängsten. Somit stellen sie den „metamorphorischen Code“ dar, mit der ihnen innewohnende „mütterlichen“ Energie zur Heilung beizutragen.
Wir sehen, es gibt unter dem Begriff „Muttermittel“ sowohl, den mineralischen Ausdruck (z. B. durch das Chlor im Arzneimittel Natrium muriaticum), dem an der Mutter hängenden Aspekt im Pflanzenreich (bei Pulsatilla) als auch die Erscheinungsformen der verschiedenen Milchmittel, sowie die Arzneien, die von einer „Muttersubstanz“ hergestellten wurden. Je nach Ähnlichkeit zum Krankheitsbild können sie regulierend auf die Lebenskraft wirken und so zu tiefer Heilung beitragen.