Die versteckte Heilkraft von Thuja occidentalis L. ­- Der immergrüne Lebensbaum

Thuja wird vielerorts zur Zierde im Park, als Schmuck an Wegkreuzen oder als Symbol-Baum auf Friedhöfen angepflanzt.

Um Haus und Hof wird der Baum zur viereckigen Hecke geschnitten, durch den kein Blick auf das abgegrenzte Anwesen möglich ist, von Natur aus wächst der Baum jedoch pfeilgerade in den Himmel und steht wie ein Obelisk oder ein Ausrufezeichen in der Landschaft. Auf Friedhöfen versinnbildlicht er die Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits.

„Traunkirchen Wegkreuz“ by Own work – Pepito Tey. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

„Arbor vitae“ nannten Gelehrte des 18. Jahrhunderts die Pflanze.

Der botanische Gattungsname Thuja wird vom griechischen: „thyo“ (= opfern) abgeleitet, es deutet darauf hin, dass bei Opferritualen das wohlriechende Holz verbrannt wurde. Der Beiname stammt vom griechischen: „occidere“ (= untergehen) bezieht sich auf den Standort der westlichen Hemisphäre, dem Abendland.

Der deutsche Name Lebensbaum versinnbildlicht die Pflanzengestalt von äußerster Lebenskraft mit den immergrünen Zweigen, er wird auch Sumpfzeder, Totenbaum oder weiße Zeder genannt.

Phytotherapie:

Die Indianer Nordamerikas bereiteten aus den jungen Zweigspitzen Salben gegen Gelenkschmerzen und Hexenschuss. Es ist weiter als schweißhemmendes, wassertreibendes und wurmförderndes Mittel bekannt. Die Tinktur wurde in vorsichtigen Dosierungen zur Prophylaxe und Behandlung von Infektionskrankheiten und Fieberbläschen eingesetzt. Äußerlich zur Vertreibung von Warzen, Papillomen und Kondylomen.

Vergiftungen:

Die Pflanze beinhaltet ätherisches Öl, welches aus einem großen Anteil von Thujon besteht. Bei falscher Dosierung kann das Thujon (auch in Rainfarn, Wermut und Salbei) zu Vergiftungen führen.

In früheren Zeiten wurde der Lebensbaum als Abtreibungsmittel eingesetzt, wobei tödliche Folgen nicht selten waren.

Das Vergiftungsbild gleicht dem des Sadebaums (Juniperus sabina) und beginnt mit erhöhtem Blutdruck, Durchfall, Lungenödem, Krämpfen, schwersten Nieren- und Leberschädigungen, Magenblutung, Störung des Zentralnervensystems und Koma.

Thuja in der Homöopathie:

Es wird berichtet wie Samuel Hahnemann (der Begründer der Homöopathie) zuerst auf den Lebensbaum aufmerksam wurde:

„Ein Student der Theologie stellte sich Hahnemann eines Tages in der Sprechstunde mir Erscheinungen vor, die auf eine gonorrhoische Erkrankung verdächtig waren. Doch eine Ansteckungsmöglichkeit wurde seitens des Patienten energisch bestritten. Nach 3 Tagen wurde der Patient ohne therapeutische Maßnahme wieder einbestellt. Dieser war vollkommen gesund. Nun forschte Hahnemann ihn gründlich aus und fand keine Ursache für die Erscheinungen, die so kurz aufgetreten und dann wieder verschwunden waren. Der junge Mann erinnerte sich aber, dass er einige Tage vorher beim Gang durch den Garten einige Blätter von dem so aromatischen Lebensbaum abgebrochen und gekaut hätte. Daraufhin prüfte Hahnemann die Eigenschaften von Thuja occidentalis und fand auch die von dem Studenten angegebenen Symptome im Prüfungsbilde. Diesem Vorgang verdankt der Lebensbaum seine Einführung in der Homöopathie.“ (Zitat: Farrington)

Inzwischen ist Thuja potenziert ein häufig gebrauchtes Medikament und gehört zu den Polychresten, den wichtigsten Arzneien in der Homöopathie.Die Thuja-Hecke versinnbildlicht einige Merkmale dieser Konstitution:
Die Menschen strahlen zuweilen Zurückhaltung, Distanz und Ablehnung aus. Das resultiert aus dem inneren Gefühl, hässlich, unattraktiv und nicht liebenswert zu sein. Sie präsentierten der Außenwelt ein vorgefertigtes Bild um den Mangel an Selbstvertrauen und dem Gefühl Wertlos zu sein zu verstecken. Es gibt Träume vom Fallen – das ist ein Symptom, das sehr typisch ist für Thuja.
Der Lebensbaum ist eine jener großen Arzneien, welche ursächlich verbunden ist mit der Idee des Ab-Falls von den paradiesischen Höhen einer Welt des Einklangs von Fühlen, Denken und Handeln.
Die venerische Symptomenvielfalt steht oft gar nicht mehr im persönlichen Zusammenhang des eigenen Lebensstils, es ist vielmehr eine über Generationen vererbte Disposition.

Betrachten wir die Früchte des Strauches, erkennen wir die warzenartigen Gebilde, welche die wuchernden Gewebsstellen mit Warzen, Polypen und Kondylomen von Thuja-Kranken verdeutlichen.
Eine Neigung zu Schleimhautentzündungen mit Absonderungen von grünlichen Sekreten, große blumenkohlartige Warzen, Leberflecken, Hämangiome, Polypen, spröde Fingernägel, Haarausfall, fettige Haut.
Es besteht ein großer Bezug zum Urogenitalbereich, mit dem besonderen Gefühl von etwas Lebendigem im Bauch. Es gibt ein Gefühl als seien die Glieder aus Holz oder Glas und würden beim Gehen leicht brechen. Der Schweiß ist fettig und riecht süßlich oder übel, mit der Besonderheit, dass er oft an unbedeckten Körperstellen hervorkommt.
Alles wird schlimmer durch Kälte und Nässe, aber auch durch Bettwärme, des weiteren nachts gegen 3 Uhr und nachmittags um 15 Uhr, sowie durch Fett und Kaffee.

Letztlich ist Thuja nach üblen Folgen von Impfungen indiziert: insbesondere wenn nach Impfung Durchfall, Hautausschlag, Rheuma, Kopfschmerzen, Asthma, Drüsenschwellungen, Entwicklungsstörungen, Schlaflosigkeit, Bettnässen oder ähnliches mehr auftreten.

Der homöopathische Gebrauch in der Tierheilkunde:

Warzen, Zahnfleischwucherungen oder Froschgeschwulst (oft ist dann keine Operation mehr nötig!)
Nach Impfungen oder Sterilisationsfolgen um nur einiges zu erwähnen.

Auch bei Pflanzen im Garten und in der Landwirtschaft ist Homöopathie inzwischen populär:

Hier gibt es inzwischen ein weites homöopathisches Indikationsgebiet für Thuja.

 Unreife weibliche (links) und männliche (rechts) Zapfen eines Abendländischen Lebensbaums

Unreife weibliche (links) und männliche (rechts) Zapfen eines Abendländischen Lebensbaums
„Thuja occidentalis qtl1“ by Quartl – Own work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Wenn das Frühjahr oder der Sommer sehr feucht und kalt sind, kann Thuja die Pflanzen allgemein schützen.
Häufig beobachtete Krankheiten sind:
Blattflecken-Krankheit, Braunfäule, Mehltau, Kräusel-Krankheit, Krebs, Pilzerkrankungen , Monilia (Spitzendürre, Fruchtfäule – schwärzlich Verdickungen auf Blättern und Früchten).
Bei Viruserkrankungen mir warzenartigen Auswüchsen.
Witterungsbedingte Schäden:
Folgen von Kälte und Nässe (langanhaltenden Regen, Nässestau)
Pilzerkrankungen durch kalt-nebeliges Wetter (Berglagen) oder durch Wärme- und Hitzeschaden.
Wenn wir demnächst an einer frisch geschnittenen Thuja-Hecke vorbeigehen, wird uns der etwas herbe, balsamisch aromatische Geruch vielleicht mehr dieser verborgenen mythischen Energie erahnen lassen.
Da Thuja ein beim Menschen ein eher chronisch gebrauchtes Arzneimittel darstellt, wird von Eigenbehandlungen ohne Absprache mit einem erfahrenen Therapeuten abgeraten. Die Experimente könnten jedoch, gerade nach diesem kühlen verregneten Sommer, im Garten beginnen!

Kochler Blattl – Oktober 2014