Angststörungen, Panik-Attacken und Phobien im Kindesalter haben die letzten Jahre deutlich zugenommen, die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGPJP) spricht sogar davon, dass jedes fünfte Kind in Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Angststörung leidet.
Eine reale Gefährdung löst in unserem Körper sofort automatische Abläufe aus,die uns befähigen hellwach, sozusagen aus dem Stand heraus, fokussiert zu handeln.
Die Adrenalinausschüttung mit allen weiteren drastischen Veränderungen im Körper haben entwicklungsgeschichtlich nur einen Sinn: und zwar in der Begegnung mit einem Säbelzahntiger sofort zu entscheiden, ob wir kämpfen oder fliehen.
Das Gehirn wird in einem erhöhten Erregungszustand versetzt, der Körper reagiert mit dem Anstieg der Herz- und Atemfrequenz. Die daraus resultierenden Symptome wie Herzrasen, Zittern, Hyperventilation oder Übelkeit sollten nach der Gefahr wieder in einen Normalzustand zurückkehren. Kommt es aber dennoch zu starken Angstgefühlen, ohne dass es dafür einen Anlass gibt, bleibt sozusagen solch ein Spannungszustand zurück, der wiederum Auswirkungen auf den Körper und die Seele haben kann. Es ist ein vages Gefühl „permanenter Sprungbereitschaft“, oft auch als „Stress“ bezeichnet, unter dem in Wirklichkeit eine maskierte Angst liegt.
Es ist wichtig die Entwicklung der Kinderseele zu verstehen, um zu erkennen, wie solche Spannungszustände zu tiefgreifenden Entwicklungshindernissen bei Kindern werden können.
Die Erlebniswelt kleiner Kinder ist unbewusster Natur, vergleichbar der Welt des kollektiven Unterbewusstseins aus Märchen und Mythen. Sie nehmen ihre Umwelt nicht bewusst wahr, sind jedoch hochsensibel auf alles, was um sie herum geschieht. Dieses Erleben hinterlässt eine Prägung, die in ihrem Sinnessystem wie von außen nach innen wirkt. Die Eltern geben Schutz und Geborgenheit und sorgen für Wachstum und eine stabile Bindung.
In der Zeit des Zahnwechsels bis zur Pubertät beginnt das Kind seine eigene Welt zu entdecken, es entwickelt immer mehr eine eigene Vorstellung vom ICH.
Die Selbstständigkeit und Erkundung nimmt zu, frei nach dem Motto von Pipi Langstrumpf: „Ich mach mir die Welt so, wie sie mir gefällt.“ In dieser Phase erweitert das Kind seine Horizonte, insbesondere auch in der Schule mit einer erweiterten Begleitung und größer werdenden sozialen Kontakten.
Die Pubertät ist die Phase, in der die Eroberung der Außenwelt von zentraler Bedeutung ist. Der Prozess der Rebellion und Abgrenzung findet auch im Geiste statt. Vergleichbar mit der Welt von Harry Potter, in der die Unterscheidung von Gut und Böse vom „inneren Helden“ selbst erkannt werden muss.
Wenn wir uns diesen „natürlichen“ inneren Entwicklungsprozess vor Augen führen, spüren wir förmlich die „Herausforderungen“ mit denen die Kinderseelen heutzutage fertig werden müssen.
Wir leben in einer besonderen Zeit mit weltumspannenden Kommunikationsmöglichkeiten. Dramatische Bedrohungs-Szenarien werden direkt in die Wohnzimmer transportiert. Ein „Knopfdruck“ und schon ist es möglich, ungefiltert mit den neuen Medien einen Nervenkitzel zu erleben. Wobei die Grenze zwischen einer realen Bedrohung und Fiktion selbst manchem Erwachsenen nicht mehr klar erscheint. Wie fatal solch beängstigende Bedrohungsbotschaften erst für Kinder sind, ist unbestritten. Wobei es nicht nur um „schreckliche“ Nachrichten geht, sondern auch um eine Reizüberflutung, die vom Kind noch gar nicht in der Fülle verarbeitet werden kann. Um den Kindern langsam eine Kompetenz im Umgang mit Medien beizubringen, braucht es jedoch auch ein klares Erkennen der Erwachsenen. Das bedeutet nicht etwa ein Erklären der Handyfunktionen, sondern vielmehr einfühlsame Präsenz und Gespräche über deren altersgemäßen, ethischen Gebrauch.
Der Umgang mit sozialen Medien will gelernt sein, da sie besonders für Kinder eine unglaubliche Kränkungs- und Mobbinggefahr mit sich bringen. Gerade die altersmäßig hohe Empfindlichkeit bei Themen „wie wirke ich auf die anderen“ und „bin ich Teil der Gemeinschaft“ birgt eine erhöhte Verletzlichkeit. Beleidigungen, Verunglimpfungen – Mobbing können dadurch direkt zu Isolationsgefühlen führen und Sozialphobien sind fatalen Folgen.
Wie erschütternd Erlebnisse „ungefilterten“ oder unreflektierten Medienkonsums sein können erlebe ich zunehmend in der Praxis.
Wie zeigen sich die Ängste bei den Kindern?
Kleinkinder haben noch keine konkreten Ausdrucksmöglichkeiten, die Emotionen werden im besten Fall durch Jammern, Weinen und Schreien ausgedrückt. Der Hilferuf kommt so nach außen und im besten Fall, wenn er verstanden wird, kann darauf reagiert werden.
Oft schlagen Ängste aber auch auf den Körper. Diese sogenannte Somatisierung drückt sich durch Bauchweh, Einschlafstörungen oder andere vegetative Symptome wie Herzklopfen aus. Es bedarf viel Einfühlungsvermögen und liebevolle Zuwendung, um diesen Zeichen auf die Spur zu kommen. Später werden sie evtl. „phantasiert“ ausgedrückt, die Ängste erscheinen aus einem magischen Welterleben.
Furchtsame Kinder haben häufig auch ängstliche Eltern. Die oft unbewussten Ängste können unter Umständen sogar über Generationen im verborgenen „Keller“ als Familien-Geheimnisse „schlummern“. Wenn diese ans Licht kommend betrachtet werden können, verlieren sie ihre Macht. Dann ist es wunderbar zu erleben, wie sich mehr Mut und Zuversicht in einer ganzen Familie ausbreiten kann, indem Mütter liebevoll und stetig ihre scheuen und ängstlichen Kinder ermutigen und so die soziale Kompetenz in der ganzen Familie wächst.
Die Trennungsangst ist eine panikartige Reaktion auf die Trennung der Bezugsperson. Die extreme Verlustangst kann schon mit einer Fragmentierung im Tagesablauf mit häufigem Wechsel der Betreuungspersonen entstehen. Sensible Kinder können auf diese erlebte Unsicherheit reagieren, ohne dass es als Belastung erkannt wird.
Symptome der Angst können sich ganz unterschiedlich äußern! Je nach Alter und Persönlichkeit sind sie verborgen hinter Alpträumen, Appetitlosigkeit, plötzlichem Verstummen, sozialem Rückzug oder vermehrter Aggression.
Traumatische Erlebnisse, die anhaltende Angstreaktionen auslösen und zu tieferen psychischen Störungen führen, bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Vorrangig gilt es, dem Kind immer eine sichere Lebenssituation zu schaffen. Das kann, wenn nötig, eine Sozialintervention bedeuten, die den Schutz des Kindes gewährleistet.
Emotionale Störungen im Kindesalter haben mit fachlicher Begleitung eine günstige Prognose.
Die homöopathische Behandlung ist meist, wie in oben beschrieben Fällen mit häufig subtil ausgedrückten Angststörungen, eine segensreiche Therapie. Die symptomatische Ausdrucksweise, egal wie sie sich zeigt, ist eine klare Sprache der Lebenskraft. Mit tiefem therapeutischem Verständnis kann mit einer ganz individuell verschriebenen Arznei viel Ruhe und Entspannung eintreten. Das homöopathische Medikament kann bestimmte Erinnerungen im Angstgedächtnis regulieren.